„Ich wurde von Immersion gemartert und meine eigene Existenz war eine entsetzliche Mühsal. Deshalb rauchte ich Marihuana.“
Der Protagonist in „Flexen in Miami“ irrlichtert durch das reale Miami und gleichzeitig durch eine virtuelle Parallelrealität, die immer mehr Auswirkungen auf seine verschrobene Wirklichkeit hat. Zwischen sprechendem Kühlschrank und einer Drohne, die ihn zwar zuverlässig mit überlebenswichtiger Astronautennahrung versorgt, ihn aber auch ein bisschen paranoid macht, verliebt er sich in eine Meeresbiologin – und von da an wird es nur noch verdrehter. Flexen in Miami macht auch deshalb so viel Spaß, weil man das Gefühl nicht loswird, von einer besonders feinsinnig ausentwickelten künstlichen Intelligenz angetextet und rumgeführt zu werden: Guck mal hier, wie hoch, wie grell, wie heiß, wie bunt Miami ist. Guck mal da, unsere virtuellen Spiegelbilder, mysteriös und Angst einflößend. Welche Wirklichkeit sticht die andere aus? Keine Ahnung. [gelesen von Sven]
Joshua Groß: Flexen in Miami. Roman
Matthes & Seitz Verlag 20.00 Euro
Mit viel Witz und Humor, Empathie und differenzierter Kritik, erzählt Nele Pollantschek von ihren Erfahrungen an den Eliteschmieden Oxford und Cambridge. In locker arrangierten Essays schildert sie diese oft bizarre Welt zwischen intellektueller Schwerstarbeit in der Bibliothek und den elitären High-Society Dinnerparties. Sie greift aber auch über die Grenzen der Universitäten selbst hinaus und stellt Bezüge zwischen der englischen, politischen Elite, welche gerade an diesen Unis geformt wird, und Entwicklungen wie dem Brexit her.
Eine temporeiche, intelligente und extrem lustige Lektüre. Ich konnte sie partout nicht zur Seite legen, habe mich köstlich amüsiert, und schaue nun mit ganz anderen Augen auf die jeweils neusten Brexit Nachrichten. [gelesen von Zoe]
Nele Pollatschek: Dear Oxbridge. Liebesbrief an England
Galiani Verlag 16.00 €
Mit einer schönen, sehr präzisen Sprache erzählt Janne Steenfatt Inas Geschichte der „Überflüssigkeit der Dinge“. Diese handelt von einer jüngst verstorbenen Mutter, einer angestrengten Tochter-Mutter-Beziehung, die auch nach dem Tod nachwirkt, einem abwesenden, aber auffindbaren Vater und einem fotografierenden Mitbewohner, der die Protagonistin Ina und ihren Alltag zusammenhält.
Die Mutter, Theaterschauspielerin, verschweigt die Beziehung und den Namen des Vaters. In Zeiten ihres Alkoholismus, der zeitgleich mit der Zunahme der Provinzrollen wächst, entzieht sich Ina ihrer Mutter mehr und mehr. Sie versucht sich stattdessen am Leben und strandet bei Falk in der Wohnung. Von dort aus verfolgt sie einen Plan: Für die Herbstspielzeit nimmt sie das Kantinenleben in Kauf, um ihrem Vater näher zu kommen. Sie verliebt sich in „Puck“ aus dem Sommernachtstraum. Aber weder zum Vater noch zu Paula/Puck stellt sich Nähe ein. Der Titel findet seine Auflösung im Ende.
Alles spielt im schönsten Hamburg, wirft einen Blick hinter die theaterkulissen und direkt hinein in den Theaterkantinenalltag. Der Koch Heiner und der Angestellte Ibo sind wunderbare Typen, dass ich selbst gern mit ihnen meine Arbeitsschichten verbringen wöllte und auch mit Falk möchte ich zusammenleben, zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem ich seine Genialität als Mitbewohner begriffen hätte. Ein sehr dicht erzähltes Buch, in dem sich wenig ereignet und doch vieles passiert. [gelesen von Suse]
Janna Steenfatt: Die Überflüssigkeit der Dinge. Roman
Hoffmann & Campe 22.00 €