Berlin dazu verdammt: immerfort zu werden und niemals zu sein (Karl Scheffler) Berlin ist mehr ein Weltteil als eine Stadt (Jean Paul). Du bist verrückt mein Kind, du mußt nach Berlin. (Franz von Suppé) – Wie nähert man sich einer schnellen Stadt? Langsam! – Vierzig Jahre lang hat sich der Berliner Schauspieler, Fotograf und Publizist Hanns Zischler durch die Stadt bewegt, meistens zu Fuß, manchmal mit dem Rad oder der S-Bahn.
Aus dieser Form von Stadterfahrung ist nun ein ganz besonderes Buch hervorgegangen: „Berlin ist zu groß für Berlin“, erschienen im Galiani-Verlag. Es ist ein Buch des Weges, der Fläche und der Größe, denn Denkmäler, Straßen, Plätze sind sein Gegenstand. Aber auch gigantomanische Bauprojekte und einzelne biografische Skizzen: die Jüdin Gertrud Kolmar, die sich 1939 nur noch zu Fuß durch die Stadt bewegen darf. Oder die des Passfälschers Oskar Huth, der sich ab 1941 nur noch zu Fuß sicher fühlte. Dazu kommen Geschichten über „Wege-Experten“: die Erbauer des Teltowkanals 1914, über einen amtlichen „Straßenbegeher“ 2012. Kurioses: der alte Dom am Lustgarten fällt erst, nachdem der Kaiser gegangen ist. Volkskundliches: welche Kinderspiele werden Ende der 40er Jahre in welchem Stadtbezirk gespielt? Oder: Eine Bustour mit Marx und Paternoster von Westend nach Friedrichshain.
Zischlers Buch ist jedoch keineswegs ein bloße Ansammlung von Geschichten. Alle sind in ein konkrete städtebauliche Vision eingebettet: Den „Expansionsdrang“, das „ewig Provisorische“ konstatierend, sieht er eine „Illusion … von halbgaren Garden Cities an den Rändern und eine undurchmischte und unbezahlbare Happy-few-Architektur im Innern“. In seinen Beiträgen versucht Zischler die „in der Stadt zutage tretenden Symptome des Ausdehnungshungers und der Abrisslust aufzuspüren“, denn Berlin ist zu groß für Berlin.
Diesem großartigen Berlin-Buch haben wir ein Schaufenster gewidmet.
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Hanns Zischler: Berlin ist zu groß für Berlin. Galiani 2013 24.99 Euro – reservieren
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