Unsere Buchtipps im April

Anton Lobmeier hat sich wirklich Mühe gegeben. Es dem Agenturchef rechtzumachen, es seiner Freundin Doro rechtzumachen, sich durchzubeißen, weiterzukommen. Doch der Erfolg stellt sich irgendwie nicht ein und Lobmeier hat den Verdacht, dass er sich auch nie einstellen wird. Als sich Doro von ihm trennt, bricht seine kleine Welt zusammen und ihm bleiben nur noch Jobs bei einem Umfrage-Institut und als Pizzafahrer. Gerade hat er sich mit der Situation etwas arrangiert, als seine beste Freundin Sophia abtaucht …
Wenn ein Erfolgsmensch „aussteigt“, erntet er Beifall. Jedem anderen wünscht man, dass er wieder „auf die Beine“ kommt. Oder kann eigentlich nur aussteigen, wer erfolgreich ist? – Mit viel Witz und Beobachtungsgabe hat Benedikt Feiten eine Roman geschrieben, bei dem es um Innen- und Außensichten von Menschen wie Du und Ich geht, um Selbst- und Fremdbestimmung. Eine mit leichter Hand geschriebene Frühlingslektüre mit Nachdenkpotential!
(Ein Buchtipp von Mischa)
Benedikt Feiten: So oder so ist das Leben. Roman. Voland & Quist 20.00 Euro

Vela und Maren wollen eine Familie gründen. Dass das in ihrer kleinen Wohnung in der Stadt nicht geht, ist beiden klar. Doch trotz langer Suche finden sie keine neue Wohnung, bis Marens Schwester den beiden ein Zimmer in ihrem Hausprojekt auf dem Land anbietet. Sie sind begeistert und wagen den Schritt in die neue Wohngemeinschaft. Mich hat Svenja Gräfens Buch gefesselt wie ein Krimi! Bereits zum zweiten Mal habe ich eins ihrer Bücher an einem Tag verschlungen. Die Komplexität ihrer Figuren und Situationen sind faszinierend und hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
(Ein Buchtipp von Ronja)
Svenja Gräfen: Freiraum. Roman. Ullstein 20.00 Euro

Wie der Titel andeutet, sind es neun Stimmen, die in diesem (auto)biografschen Kaleidoskop ein und die selbe Frau adressieren. Sie ist das abwesende Zentrum dieses Erinnerungsromans, sie spricht nie selbst. Vielmehr erfahren wir sie durch die Augen ihrer Gefährten, Lehrer und Geliebten. Die neun ErzählerInnen, die sich auf ihre je eigene Art in das Werden der Protagonistin eingeschrieben haben, sprechen die durchgehend stumme Portraitierte und damit auch den Leser direkt in der Du-Form an. Dabei gelingt es der Autorin jedem der Zeugen einen ganz eigenen Ton zu verleihen. Kapitel um Kapitel entsteht so eine psychologisch klug gewobene Persönlichkeit im Spiegel ihrer Beziehungen. Wie ‚Herzkammern‘ bilden diese Lieben an namenlosen Orten Europas und Asiens unterschiedliche Erinnerungsräume aus, und werden Teil des Selbst- und Fremdbildes. Erst in der Schnittmenge der Erinnerungen, den Leerstellen und Widersprüchen der höchst unterschiedlichen Begegnungen entsteht eine greifbare und komplexe Figur. So kommt uns die Abwesende, vom Schulkind bis zur Erwachsenen, sehr nah, ihre Wahrnehmung und die Erinnernden werden lebendig. Zugleich sehen wir nie alle Facetten der Projektion. Immer gibt es eine Rückseite, die verdeckt bleibt.
(Ein Buchtipp von Monique)
Janice Pariat: Ein Herz mit neun Kammern. Roman. Secession 20.00 Euro

Josephine Rowe erzählt in ihrem Romandebüt „Ein liebendes treues Tier“ in einer wunderbar kraftvollen, poetischen und außergewöhnlich ökonomischen Sprache vom Zerfall einer Familie in einer australischen Kleinstadt zu Beginn der 1990er Jahre. Es ist Weihnachten, es ist Hochsommer: Im Fernsehen bricht der Irakkrieg aus, und Familienvater und Kriegsveteran Jack leidet unter einem fast 20jährigen Trauma von seinem Einsatz in Vietnam. Die ältere Tochter Lani entfremdet sich von ihrer Familie und verkauft die Medikamente ihres Vaters. Die jüngere Tochter Ruby, auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, versucht sich von der überbordenden Fürsorge ihrer Mutter zu lösen, die ihrerseits fast ausschließlich in einer – vermeintlich – besseren Vergangenheit lebt. Als der liebende, treue Familienhund von einem mysteriösen Raubtier zerfetzt wird, zerbricht, was zuvor nur knapp zusammengehalten hat. Aus verschiedenen Perspektiven bildet Rowe ein bruchstückhaftes Panoptikum einer von Gewalt und Trauma gezeichneten, aber von Liebe und dem resilienten Willen zum Überleben durchdrungenen Familie – unbedingte Leseempfehlung!
(Ein Buchtipp von Timo)
Josephine Rowe: Ein liebendes, treues Tier. Roman. Liebeskind 20.00 Euro