Neue Empfehlungen!

Mit dem Thema „Familie“ beschäftigen sich zwei neue Empfehlungen. Sie führen uns in die USA und nach Frankreich.

„Unsere verschwundenen Herzen“ von Celeste Ng erzählt vom 12-jährigen Noah, genannt Bird, der sich auf die Suche nach seiner chinesisch-stämmigen Mutter macht, die gezwungen war, ihre Familie zu verlassen. Ng zeigt uns ein dystopisches Bild der USA, das doch wie eine leicht verschobene Version der
Realität ist. Nach dem Erlass der fiktiven PACT-Gesetze zur „Bewahrung der US-amerikanischen Kultur“ ist der Rassismus gegenüber asiatisch gelesenen Menschen rechtlich verankert.

Es kommt zu Übergriffen, Familien werden auseinandergerissen, auch die Familie von Bird. Seine Suche nach der Mutter führt ihn über die vagen Erinnerungen an die Geschichten seiner frühen Kindheit
an Orte des Widerstandes: Bibliotheken. Büchereien sind die letzten Bastionen in dieser von Angst zerfressenen Welt und die poetische, berührende Geschichte einer Liebe, eines Findens und Erkennens zwischen Mutter und Sohn hält uns einen Spiegel vor und weckt trotzdem Hoffnung.

Celeste Ng: Unsere verschwundenen Herzen. Roman. dtv 25.00 Euro

Hélène, Sabine und Mariette Malivieri sind drei Schwestern, die im Frankreich der 1970er Jahre erwachsen werden. Die älteste, Sabine, will Schauspielerin werden und taucht in die Welt des Pariser Theaters ein, Hélène ist Vegetarierin und nicht nur das „Mittelkind“, sondern verbringt auch all ihre Ferien bei ihrem
reichen Onkel in Neuilly, statt im Elternhaus in der katholischen Provinz. Mariette, die jüngste, vermisst ihre Schwestern und bekommt als einzige so wirklich mit, wie die Ehe der Eltern zu kriseln beginnt. Bruno und Agnès Malivieri sind liebevolle Eltern, arm und gefangen in religiösen Konventionen.

Die Schwestern sind Zeuginnen des gesellschaftlichen und politischen Wandels, die 68er-Proteste, der Tod Sartres, die Wahl Mitterands, sie streben nach Selbstbestimmung und Freiheit, während ihr Vater, Lehrer in Aix-en-Provence, mit den Entwicklungen nicht mehr mitkommt: Abtreibungen, Scheidungen und eine Ehefrau, die plötzlich arbeiten will, sind zu viel für ihn.

Veronique Olmi erzählt die Geschichte der Familie Malivieri detailreich, fesselnd und zärtlich. Die Figuren sind dabei so plastisch, dass sich das Ende des Buchs wie ein trauriger Abschied anfühlt.

Véronique Olmi: Die Ungeduldigen. Roman. Aufbau-Verlag 24.00 Euro