Hallo liebe Freunde, wir haben ein paar neue Buchtipps für euch!
Colson Whitehead: Harlem Shuffel
You move it to the left, yeah and you go for yourself
You move it to the right, yeah if it takes all night
Now take it kinda slow with a whole lot of soul
Don’t move it too fast just make it last
You know you scratch just like a monkey yeah, you do real, yeah
Der „Harlem Shuffle“ (1963 von #bobandearl, gecovert 1986 von den Stones) ist der Soundtrack zu Ray Carneys Leben. Er verkauft in seinem Laden in Harlem Möbel und Unterhaltungselektronik und, ja, manchmal hatten die Sachen, die ihm sein Cousin Freddy und andere zum Verkauf bringen, bereits einen „Vorbesitzer“. Aber Ray fragt nie weiter nach. Er möchte die gutbürgerliche Fassade seiner Familie und seines Geschäftes bewahren. Doch als ihn sein Cousin ungefragt in einen größeren Coup hineinzieht, ist das nicht mehr so ohne weiteres möglich.
Der
neue Roman von Colson Whitehead spielt im Harlem der frühen Sechziger.
Er zeichnet ein Panorama des Lebens in diesem New Yorker Stadtteil, der
mehr und mehr ein Ort der Segregation von Afroamerikanern wurde.
Allerdings immer aus der Perspektive des halbbürgerlich-halbkriminellen
Milieus, dem Carney angehört. Whitehead erzählt von zahllosen Kneipen,
Bars und Geschäften. Vom ständigen „Kreislauf der (Geld) Umschläge“,
unterhalten von Bestechung, Bedrohung und Erpressung. Von den sozialen
Abstufungen innerhalb des afroamerikanischen Einwohnerschaft: von den
„Hellhäutigen“ und den „Schwarzen“, von den „Ni*“ und den
Clubmitgliedern, die „das weiße System, hinter einer schwarzen Maske
versteckt,“ waren.
Ganz nebenbei erfahren die Leser*innen von einer
Zeit des Umbruchs. Die US-Bürgerrechtsbewegung ist erstarkt, 1963 findet
Martin Luther Kings „Marsch auf Washington“ statt und im Juli 1964
unterzeichnete Präsident Johnson den Civil Rights Act, der
Diskriminierung verbot. Wenige Tage bevor es zu den „Harlem Riots“,
tagelangen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den
afroamerikanischen Bewohnern und der Polizei, kam.
Ein großartiger
Roman über ein Stück New Yorker Stadt- und Sozialgeschichte. Und mit
seiner engen Bindung an eine einzige Hauptfigur ein tolles Stück
Literatur.
Minu D. Tizabi: Revolution morgen 12 Uhr
„Der Debütroman von Minu D. Tizabi „Revolution morgen 12 Uhr“ zeigt das Leben verschiedenster Personen, die sich in einer Psychiatrie das erste Mal begegnen und eine spannende Reise zusammen erleben.
Mittendrin ist der 24-jährige Mathematikstudent Sean Christophe, welcher in der Psychiatrie versucht, den besten Umgang mit seiner Depression und seinen Paniktattacken zu erlernen. Er ist zunächst etwas verloren und nicht einmal die kommende WM in Frankreich kann den Fußballfan aufmuntern. Als er dann aber regelmäßig von einer französischen Nummer angerufen wird, die ihm nur drei zusammenhanglose französische Wörter übermittelt, wendet sich das Blatt. Er beginnt, den täglichen Anrufen auf den Grund zu gehen und bindet seine Mitpatient:innen in die Lösung des Rätsels mit ein. Ihre eigene Revolution beginnt, als sie aus der Psychiatrie ausbrechen, um sich auf eine spannende Schnitzeljagd von einem Ort nahe Stuttgart in die Mitte des graubunten Berlins, bis nach Frankreich zu begeben. In Frankreich erscheinen sie dann sogar pünktlich zum Finale der WM.
Alle sind mit Eifer geladen und versuchen einen Beitrag zu dieser Schnitzeljagd zu leisten. Daher hat jeder etwas von sich aufgegeben, um an dieser aufregenden Reise teilzunehmen. Die Gruppe kommt auf dem Weg durch Europa immer näher zusammen aber rückt auch gleichzeitig immer weiter auseinander und erlebt mehr, als sie zunächst erwartet hatten.
Mit seiner eigenen Definition der Welt weckt Sean im Verlaufe des Romans auch eine andere Sichtweise auf das Leben und zeigt dem Leser, was für Ihn Freundschaft, Zusammenhalt und Leben bedeutet.“
Mieko Kawakami: Brüste und Eier
„Würde auch ich irgendwann ein Kind haben? Könnte ich, die ich weder einen Freund hatte noch einen begehrte, weder Sex wollte noch dazu in der Lage war, überhaupt eins haben?“ – Natsuko ist 30, Single und lebt in Tokyo. Sie schlägt sich mit Zeitarbeitsjobs durch, in der Hoffnung irgendwann vom Schreiben leben zu können. In einem heißen Sommer bekommt sie Besuch von ihrer älteren Schwester Makiko und deren pubertierenden Tochter Midoriko.
„Brüste und Eier“ ist ein Roman über Frauen und ihre Beziehungen zu sich selbst und anderen. Es geht um Körper und Schönheitsideale, um Verunsicherung und Akzeptanz, um das Streben nach Glück, Geschlechterrollen und Einsamkeit, Liebe und (A)Sexualität, Familie und das Patriarchat.
Mieko Kawakami ist in Osaka geboren und fängt die Kultur Japans auf ganz besondere Weise ein. Während sie die Geschichte(n) von Natsuko, Makiko und Midoriko erzählt, nimmt sie uns mit in das Hafenviertel Osakas, die Kneipen von Shobasi, zu einer Autorenlesung in Aoyama und in ein traditionelles Badehaus in Sangenjawa. „Brüste und Eier“ handelt vom Leben der Frauen in Japan, zwischen konservativen Rollenerwartungen und Selbstbestimmung.
Mieko Kawakamis Sprache ist mal poetisch und sanft, mal eindringlich und direkt. Leser*innen kommen nicht umhin, sich eigene Gedanken über das Leben zu machen, über die eigenen Träume und Zweifel.
Die @sz nannte das Buch „feministische Weltliteratur“, Haruki Murakami findet es „so großartig, dass es mir den Atem raubt“, wir schließen uns an und freuen uns, dass „Brüste und Eier“ jetzt auch im Taschenbuch erhältlich ist.
Brandon Taylor: Real Life
Manche Bücher haben eine ganz besondere Stimmung. In „Real Life“ von Brandon Taylor liegt von Seite 1 an Verheißung in der Luft, aber auch Sentimentalität. Für Wallace ist es „ein ganz normaler Abend im Spätsommer“, vielleicht der letzte, an dem das Wetter noch gut genug ist, um mit den Freund*innen an den Seeterrassen ein Feierabendbier zu trinken. Wallace ist Biochemie-Doktorand und der einzige promovierende Afroamerikaner in der kleinen Universitätsstadt im Mittleren Westen. Doch nicht nur an der Uni fühlt sich Wallace wie ein Fremdkörper, auch in seinem queeren Freundeskreis bleibt er stets ein wenig außen vor. Die anderen wissen nicht, wie das ist: als Schwarzes Kind in Alabama groß werden, die Mutter gewalttätig, der Vater teilnahmslos…
Wallace will dazugehören und auch wieder nicht. Er will ausbrechen aus seinem Leben zwischen Labor und Belanglosigkeit und er will so sein wie die anderen. Am liebsten so wie Miller, mit dem er eine heimliche Affäre beginnt.
„Real Life“ ist der Debütroman des US-amerikanischen Autors Brandon Taylor, der auf der Shortlist des Bookerprize 2020 stand. Seine intensive Sprache, die das Geschehen sinnlich spürbar werden lässt, hat Eva Bonné hervorragend ins Deutsche übersetzt.
Es ist ein Roman über das Anderssein, über Schmerz und Begehren. „Real Life“ ist poetisch und krass, zärtlich und brutal. Wer Ocean Vuong oder Hanya Yanagihara mochte, wird Brandon Taylor lieben.