Ein trügerisches Paradies

Der neue Roman von Alina Bronsky erzählt die Geschichte von Baba Dunja, einer alten Frau, die „auch nicht mehr zweiundachtzig“ ist. Sie ist in ihr altes Heimatdorf zurückgekehrt, nachdem sie in der Stadt nicht mehr zurechtkam. Dorthin wurde sie nämlich umgesiedelt, als es in oder in der Nähe von Tschernowo zu einem Reaktorunglück kam. Nun hat sie ihr altes Haus bezogen, und nach und nach sind ein paar weitere ältere Leute angekommen. Doch weil sie die Erste war, hat sie sogar eine gewisse Berühmtheit erlangt. Was sie eigentlich damit bezwecke, wurde sie von den Zeitungen gefragt, und wen sie in ihr Dorf aufnehme. Doch das ist ihr alles egal, alle anderen sind von selbst gekommen und ihr ist nur wichtig, wieder in ihrer Heimat zu sein. Ihr Gemüse selbst zu ziehen und Wasser aus dem eigenen Brunnen zu  haben. Das ist ihr wichtiger, als noch ewig zu leben. Von den Biologen in ihren Schutzanzügen ist sie eher amüsiert. Dass sie behaupten, die Spinnen würden verrückter spinnen und die Vögel würden lauter singen. Was sie allerdings wirklich bewegt, ist, wie es ihrer Tochter im fernen Deutschland geht, und vor allem ihrer Enkelin Laura, die sie noch nie gesehen hat.

Fahrt kommt in die Geschichte, als ein frisch getrennter Mann mit seiner Tochter auf der Bildfläche erscheint. Nach und nach kommt heraus, dass er sich mit der Entführung des Kindes in die hochgradig radioaktiv verseuchte Gegend an der Mutter rächen möchte. Das kann Baba Dunja wirklich nicht egal sein …

Baba Dunjas letzte Liebe ist die Geschichte einer Frau, die ein Leben lang ohne Mann ihren Mann stehen musste und die auch an ihrem Lebensende nicht über sich bestimmen lassen will. Das ist eigentlich ganz schön gelungen, aber auch ein klein wenig verharmlosend. Wer nicht auf Geigerzähler hört, dem könnte die Gegend um Tschernowo / Tschernobyl vielleicht tatsächlich wie eine Art Paradies vorkommen. Dass es jedoch nur ein sehr trügerisches sein kann, davon kommt leider wenig zur Sprache.

Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe. Roman. Kiepenheuer & Witsch 16.00 Euro reservieren