Weihnachts-Buchtipps von Mischa

Seit seinem achten Lebensjahr ist der weltberühmte Pianist Marek Olsberg unterwegs, von Konzertsaal zu Konzertsaal, von Hotel zu Hotel. Doch, er liebt die Musik noch immer, aber nun wird er bald fünfzig und sollte überlegen, ob das immer so weitergehen soll. Hier in Berlin wird er in der Philharmonie spielen, doch was sich dort ereignet, lenkt das Leben vieler Personen in unerwartete Bahnen. Aus den Fugen von Alain Claude Sulzer – einer der Weihnachtsbuchtipps von Mischa:

Ein Weltklasse-Konzert steht an, in der Philharmonie. Die Musikkenner Berlins sind in ganz aus dem Häuschen, man bereit sich auf ein Konzert der Extra-Klasse vor, wählt die Gaderobe, schaut immer wieder auf die Uhr. Marek Olsbergs Assistentin, seinen Europa-Agent, einen Lohnkellner für die Sponsorenparty oder das Callgirl Marina – diese und noch einige Personen begleiten Leser und Leserin durch Nachmittag und Abend des Konzerttages. Nach und nach werden die Figuren vorgestellt und irgendwann befinden sich alle auf dem Weg zur Philharmonie. Das Konzert beginnt, doch der Pianist steht mittendrin auf und geht. Ein Skandal, der nicht nur die Kunstwelt, sondern auch die Lebensläufe der einzelnen Romanfiguren erschüttert …

Es braucht ein wenig Geduld, bis alle Figuren eingeführt sind. Doch nach der ersten Runde lässt einen das Geschichten-Karussel nicht mehr los: Was fängt Johannes, der Werber, mit den beiden Karten an, die ein Kunde für ihn an der Kasse hinterlegen ließ? Wie geht der Streit zwischen Olsbergs Agenten Claudio und seinem jungen Geliebten Nico aus? Bleibt der gemeinsame Konzertabend von Patentante Sophie und Nichte Klara so angespannt, wie er begann? Was erwartet den Leihkellner Lorenz, den gescheiterten Mathematikstudenten, auf der Sponsorenparty in Potsdam?
Alain Claude Sulzer, Schweizer, der mitunter auch in Berlin lebt, schreibt Berliner Geschichten, schreibt über Leute, die man kennt oder von denen man gehört zu haben glaubt. Sein Roman handelt nicht nur von Musik, er ist eine Komposition. Die Erzählstränge sind gekonnt aufeinander abgestimmt, führen aufeinander zu, berühren sich mitunter ein wenig, um dann wieder auseinanderzustreben. Applaus!

 

Nehmen wir mal Mitt Romney oder Larry Hagman alias J.R. – die Südstaaten und die ländliche Bevölkerung sind von den Staaten einfach nicht zu trennen, auch wenn meistens nur Urbanität und Technik zu uns rüberschwappt.  John Jeremiah Sullivan, renommierter Journalist bei NY-Times-, GQ, Harpers- und anderen Magazinen, ist selbst geborener Kentuckyianer. Seine Reportagen (oder sind es Stories oder sind es Essays?) handeln von Eremiten, Disneyland, Lynchmorden, Rockmusik, Tea-Party-Demos und vielem mehr. Sehr persönlich geschrieben und ausgezeichnet recherchiert, machen sie Licht im „Herz der Finsternis“, geben tiefe Einblicke in amerikanische Geschichte, Kultur und Politik.
Aber Achtung! Es kann sein, dass man nach der Lektüre Axel-Guns-N’Roses- oder Michael-Jackson-Fan ist!

 

Hallo? Sind wir hier bei den Mann’s? Beim Lesen wähnt man sich zunächst auf dem Zauberberg und bei Felix Krull, später zwischen Untertan und Mephisto … – Ein Gesetz ist es, das dem aus einer Schweizer Bergbauernfamlie stammenden Jakob Breiter einen märchenhaften Aufstieg gewährt: das Reichsbeflaggungsgesetz von 1935. Denn „Jack“ Breiter ist Generalvertreter bei einem Schweizer Chemiekonzern, der die Farbe Polarrot, herstellt. Und diese Farbe wird quasi über Nacht eines der meistgefragtesten Industrieprodukte im Dritten Reich, denn sie ist der Farbstoff für die Hakenkreuzfahnen, für die die deutschen Textilfabriken auf Hochtouren laufen. Doch seine Skrupellosigkeit wird Breiter zum Verhängnis, er muss noch einmal ganz neu anfangen … Schmuggler, Juden, Resistance – ein hintergründiger Hochstaplerroman über die Schweiz während der Nazizeit.

 

Alain Claude Sulzer: Aus den Fugen. Galiani Berlin 18.99 Euro reservieren

John Jeremiah Sullivan: Pulphead. Vom Ende Amerikas. Suhrkamp 20.00 Euro reservieren

Patrick Tschan: Polarrot. Braumüller Verlag 21.90/ Piper Taschenbuch 9.99 Euro reservieren

 

Mischa ist gemeinsam mit seiner Frau Beate Inhaber von lesen & lesen lassen. Er kümmert er sich besonders um die Themen Berlin, Politik und Sachbuch sowie um die Ladentechnik, Webseite und Soziale Netzwerke.