Neu: Politische Romane

Abtauchen – das will der studierte Jurist Sven. Und zwar im doppelten Sinne: genervt von der bundesrepublikanischen Gegenwart, verzieht er sich auf eine Mittelmeer-Insel und eröffnete eine Tauchschule. Während sich seine Lebensgefährtin Antje um Büro und Unterbringung der Gäste kümmert, kann er sich während der Ausbildung der Klienten ganz seiner Leidenschaft, dem Tauchen, widmen. Demnächst wird er seinen 40. Geburtstag feiern, ganz allein, während der Erstbetauchung eines unbekannten Wracks. Die Tauschschule läuft viele Jahre bestens, doch eines Tages buchen zwei Kunden einen 10tätigen Exklusiv-Kurs. Sie, junge Schauspielerin, er, etwas älterer Schriftsteller, spielen ein merkwürdiges Hass-Liebe-Spiel, in das auch Sven bald hineingerissen wird.
Nullzeit ist die Zeit, die ein Taucher in einer bestimmten Tiefe verbringen kann, ohne beim sofortigen Auftauchen gesundheitliche Schäden zu riskieren. Beim Lesen wird bald klar, der Titel des Buches soll Denkanstöße geben: wie lange kann man sich-raus-halten, geht das überhaupt?
Juli Zehs Buch spricht viele Themen an:  älter werden, Beziehungen ohne Leidenschaft, Karriere-Knicks, Loslösen von elterlicher Protektion oder nicht zuletzt (das scheint in der Luft zu liegen):  gewalt-bereite Partnerschaft. Nullzeit ist ein etwas anderer Juli-Zeh-Roman, eher ein Krimi, spannend und trotzdem vielschichtig.

In Sunset Park, einem herunter gekommenen Teil Brooklyns, leben vier junge Leute in einem besetzten Haus. Da ist Nathan, der einen kleinen Laden Dinge repariert, die eigentlich niemand mehr braucht. Da ist Ellen, die ihr Geld in ihrem ungeliebten Makler-Job verdient oder Alice, die an ihrer Dissertation über den amerikanischer Film der Nachkriegszeit arbeitet. Der neueste Mitbewohner ist Miles Heller. Vor einigen Jahren hatte er New York verlassen – aus Scham, versehentlich den Unfalltod seines Stiefbruders verursacht, dies aber nie zugegeben zu haben. Nach diversen Jobs an verschiedenen Orten lernte er eine sehr junge Frau kennen. Von den Südstaaten-Gesetzen bedroht, flüchtete er zurück nach New York ins Sunst-Park-Haus. Jahrelang hatte er jeden Kontakt zu seinen Eltern vermieden, nun beginnt er sich ihnen langsam zu öffnen.
Sunset Park ist ein Roman über einen Staat in der Krise. Die leeren Häuser, die sich Miles während seines Jobs als Entrümpeler zu fotografieren angewöhnt hat, sind die äußeren Anzeichen. Aber auch viele Biografien bekommen Brüche. So ist der Verlag des Vaters ist der wirtschaftlichen Lage nicht gewachsen, stabile Ehen beginnen zu wanken.
Paul Auster erzählt eine Familiengeschichte, ehrlich und klar. Ganz ohne Zauberkunststück ergeben sich die berührenden Geschichten, die gleichzeitig ein Bild der Gesellschaft in Zeiten des nahenden Ruins preisgeben.  Doch es ist auch ein Buch über den Widerstand, wie die Okkupation des Sunset-Park-Hauses, und des Trotzes: so ist Miles voller Bewunderung für seinen Stiefvater und fühlt sich dabei auch an seinen Vater erinnert: Dieser Mann kämpfte dafür, in einer Welt voller Megaschrott kleine, aber feine Filme zu machen, genau wie sein Vater dafür kämpfte, in einer Welt voller Eintagsfliegen und Nichtigkeiten Bücher mit Substanz herauszubringen.