Residenz Les Bégonias hört sich schön an. Es ist aber nur ein ganz normales Seniorenheim – mit ganz normalen Bewohnern. Da ist Madama Alma, die von zwei Mitgenossinnen vergöttert wird, welche sich aber untereinander nicht ausstehen können. Da ist Nini (Madame Lieber), die nur noch von ihrer Enkelin besucht wird und mit sich selbst im Unreinen ist. Da ist Kapitän Dreyfus, ein ehemaliger Eisenwarenhändler, der Fluchtpläne schmiedet und viele andere mehr.
Im 15-Minutentakt protokolliert Camille de Peretti die Ereignisse eines Sonntages in einem Seniorenheim, seiner Bewohner, der Besucher. Von Familienangehörigen, vom Personal. Von Krankheiten, von Sehnsüchten, von Hoffnungen.
Ein einfacher Mann war auch Arno Geigers Vater. Über Jahre hinweg ist seine Demenzkrankheit langsam vorangeschritten. So langsam, dass sie lange nicht entdeckt wurde. Mit seinem Buch begleitet Arno Geiger die Krankheit seines Vaters, versucht den Menschen von der Krankheit zu trennen, die Würde eines lebenslang selbständigen Menschen zu bewahren.
Unter günstigen Umständen, sicher: die Krankheit verläuft sehr langsam, Pflegerinnen stehen rund um die Uhr zur Verfügung, der Autor selbst erlebt zu dieser Zeit beruflich seine ersten Erfolge.
Anders in Grenzgang von Stephan Thome. Hier ist die Figur Kerstin Werner seelisch überfordert. Vom Bruder zur Pflege ihrer Mutter gezwungen, beruflich im Abseits, die Ehe zerbrochen, der Sohn in einer schwierigen Phase.
In diesem Roman ist Demenz nicht das Hauptthema. Es sind die Jahre um die Vierzig, der „Grenzgang“, an dem sich die beiden Hauptfiguren sehen. Katrin Werner und Thomas Weidmann, der nach abgebrochener Uni-Karriere als Lehrer in seine Heimatstadt zurück kehrt. Grenzgang heißt das Volksfest, dass alle sieben Jahre dort stattfindet. Vor sieben Jahren sind sich Katrin und Thomas bereits einmal begegnet – nuns steht ein neuer Grenzgang bevor.
Ganz anders im Roman Alle Zeit Kathrin Gerlof, die wie Geiger ein Mut machendes Bild zeichnet. „Zusammen sind wir niemals gaga“ – mit diesem Argument überzeugt Klara nämlich die Stationsschwestern, gemeinsam mit „Alzheimer“ einen Spaziergang im Park machen zu dürfen, ohne Begleitung. „Alzheimer“ ist zwar etwas vergesslich, aber sonst noch ein richtig feiner Mann. Im Park hat Klara auch einmal ein Mädchen kennen gelernt, ganz jung, hochschwanger und mit roten Haaren – oder waren es grüne?
Man ahnt, dass beide etwas miteinander zu tun haben – Juli sucht wenigstens ein kleines Restchen Familie und Klara meint, dass es da doch noch irgend jemanden geben müsste. Es ist eine Familiengeschichte, die beide verbindet. Und ist die Geschichte einer späten Liebe.
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Camille de Peretti Wir werden zusammen alt. Roman Rowohlt 19.95 Euro |
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Arno Geiger Der alte König in seinem Exil Hanser 17.90 Euro |
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Stephan Thome Grenzgang. Roman Suhrkamp Taschenbuch 9.95 Euro |
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Kathrin Gerlof Alle Zeit. Roman Aufbau Taschenbuch 9.95 Euro |
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