Deutscher Buchpreis 2012

In wenigen Tagen ist es wieder soweit: Kurz vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse wird der Deutsche Buchpreis für das „beste Buch“ des Jahres verliehen. Das beste Buch in deutscher Sprache, die jedes Jahr wechselnde siebenköpfige Jury ist da sicher nicht zu beneiden: unabhängiges Urteil vs. Schwarmintelligenz?

Nun ja, mit dem Preisträger kann die Jury eigentlich nicht falsch liegen. Durch die Bedeutung des Preises wird automatisch ein Bestseller gekürt – eine selbsterfüllende Prophezeiung gewissermaßen, Zweifel ausgeschlossen.
Erfahrungsgemäß wird es letztlich auch allein der Preisträger sein, der im Zentrum der Aufmerksamkeit von Kunden und Medien steht. Das ist immer etwas schade für die Mitnominierten, die dann im Schatten des Siegers stehen. „Entstanden ist eine Shortlist, auf der drei Titel auf je andere, formal allemal aufregende Weise die deutsche Nachkriegsgesellschaft erkunden, und drei, ebenso unterschiedlich, existentielle Selbstprüfungen in poetisch kühnen Fiktionen unternehmen.“, schreibt die Jury in diesem Jahr. Oha!

 

Die Shortlist 2013

 

Ernst Augustin
Robinsons blaues Haus
C. H. Beck, 320 Seiten
19.95 Euro

 

Der Verlag über das Buch:
Es ist die Fabel vom letzten Robinson in einer Welt nicht mehr vorhandener Freiräume. In Grevesmühlen, in blauer Südsee, im Londoner Kerker, im Spiegelhaus auf dem Wyman Tower. Es gibt einen hochpolierten Freitag, eine Dame mit Schritt, es gibt eine abgesoffene Kirche, ein Imperium von Besenkammern und es gibt Luxus, illuminierte Zahnbürsten, Tangomusik, bernsteinfarbenes Licht. Vor allem gibt es eine Unmenge virtuellen Geldes, mit dem man das alles kaufen kann und das sich auf Knopfdruck „löscht“. Und der beste Freund erweist sich dann als der tödlichste. Eine letzte Robinsonade, ja, aber eine poetische von nie gesehener Farbigkeit, genau so – der Autor ist seit drei Jahren erblindet.

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Wolfgang Herrndorf
Sand
Rowohlt Berlin, 480 Seite
19.95 Euro

 

Der Verlag über das Buch:
Während in München Palästinenser des „Schwarzen September“ das Olympische Dorf überfallen, geschehen in der Sahara mysteriöse Dinge. In einer Hippie-Kommune werden vier Menschen ermordet, ein Geldkoffer verschwindet, und ein unterbelichteter Kommissar versucht sich an der Aufklärung des Falles. Ein verwirrter Atomspion, eine platinblonde Amerikanerin, ein Mann ohne Gedächtnis – Nordafrika 1972.

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Ursula Krechel
Landgericht
Jung & Jung, 496 Seiten
29.90 Euro

 

Der Verlag über das Buch:
Was muss einer fürchten, was darf einer hoffen, der 1947 aus dem Exil nach Deutschland zurückkehrt? Nach ihrem gefeierten, 2008 erschienenen Buch »Shanghai fern von wo« geht Ursula Krechel mit ihrem neuen großen Roman »Landgericht« noch einmal auf Spurensuche. Die deutsche Nachkriegszeit, die zwischen Depression und Aufbruch schwankt, ist der Hintergrund der fast parabelhaft tragischen Geschichte von einem, der nicht mehr ankommt. Richard Kornitzer ist Richter von Beruf und ein Charakter von Kohlhaas’schen Dimensionen. Die Nazizeit mit ihren absurden und tödlichen Regeln zieht sich als Riss durch sein Leben. Danach ist nichts mehr wie vorher, die kleine Familie zwischen dem Bodensee, Mainz und England versprengt, und die Heimat beinahe fremder als das in magisches Licht getauchte Exil in Havanna. Ursula Krechels Roman lässt Dokumentarisches und Fiktives ineinander übergehen, beim Finden und Erfinden gewinnt eine Zeit atmosphärische Konturen, in der die Vergangenheit schwer auf den Zukunftshoffnungen lastet. Mit sprachlicher Behutsamkeit und einer insistierenden Zuneigung lässt »Landgericht« den Figuren späte Gerechtigkeit widerfahren. »Landge-richt«, der Roman mit dem doppeldeutigen Titel, handelt von einer deutschen Familie, und er erzählt zugleich mit großer Wucht von den Gründungsjahren einer Republik.

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Clemens J. Setz
Indigo
Suhrkamp, 480 Seiten
22.95 Euro

 

Der Verlag über das Buch:
Im Norden der Steiermark liegt die Helianau, eine Internatsschule für Kinder, die an einer rätselhaften Störung leiden, dem Indigo-Syndrom. Jeden, der ihnen zu nahe kommt, befallen Übelkeit, Schwindel und heftige Kopfschmerzen. Der junge Mathematiklehrer Clemens Setz unterrichtet an dieser Schule und wird auf seltsame Vorgänge aufmerksam: Immer wieder werden Kinder in eigenartigen Maskierungen in einem Auto mit unbekanntem Ziel davongefahren. Setz beginnt, Nachforschungen anzustellen, doch er kommt nicht weit; er wird aus dem Schuldienst entlassen. Fünfzehn Jahre später berichten die Zeitungen von einem aufsehenerregenden Strafprozess: Ein ehemaliger Mathematiklehrer wird vom Vorwurf freigesprochen, einen Tierquäler brutal ermordet zu haben.

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Stephan Thome
Fliehkräfte
Suhrkamp, 474 Seiten
22.95 Euro

 

Der Verlag über das Buch:
Hartmut Hainbach ist Ende fünfzig und hat alles erreicht, was er sich gewünscht hat: Er ist Professor für Philosophie und hat seine Traumfrau geheiratet, die er nach zwanzig Jahren Ehe immer noch liebt. Dennoch ist Hartmut nicht glücklich. Seine Frau ist nach Berlin gezogen, sodass aus der Ehe eine Wochenendbeziehung geworden ist, die gemeinsame Tochter hält die Eltern auf Distanz, der Reformfuror an den Universitäten nimmt Hartmut die Lust an der Arbeit. Als ihm überraschend das Angebot zu einem Berufswechsel gemacht wird, will er endlich Klarheit: über das Verhältnis zu seiner Tochter, über seine Ehe, über ein Leben, von dem er dachte, dass die wichtigen Entscheidungen längst getroffen sind.

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Ulf Erdmann Ziegler
Nichts Weißes
Suhrkamp, 260 Seiten
19.95 Euro

 

Der Verlag über das Buch:
Dies ist die Geschichte von Marleen, die sich, noch ehe sie Lesen lernt, in die Welt der Buchstaben verliebt. Hineingeboren in eine erfolgreiche Werber- und Illustratorenfamilie, träumt sie früh von wahrhaft Großem: der perfekten Schrift. An der Kunsthochschule hat sie Rückenwind, kann Marleen sich selbst Kontur verleihen. Ihr Pioniergeist treibt sie voran, bald steckt sie mittendrin in der Jobwelt der Achtziger – und erliegt deren Verheißungen. Die Medien erfahren einen Schub, plötzlich geht alles rasend schnell, schon hat man den Halt verloren. Sie muss erste Rückschläge einstecken, berufliche wie private. Flexibilität ist gefragt, schon in den Anfangszeiten der Globalisierung, und Marleen gibt sich flexibel, koste es, was es wolle – in der Hoffnung, dass ihr Traum weniger flüchtig ist als die Welt, gegen die es gilt, ihn wahrzumachen.

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