Ein besonderer Tipp von Beate

Kurt Gerron: Ufa-Star der 20er und 30er Jahre, Jude, Regisseur eines Nazi-Propagandafilms über Theresienstadt. Ein Schicksal, das den Autoren Charles Lewinsky nicht losgelassen hat. Ein Buch, das die kleine Chefin nicht losgelassen hat.

Drei Tage gibt der Lagerkommandat von Theresienstadt Karl Rahm dem Häftling Kurt Gerron Zeit, sich zu entscheiden. Ob er einen Film über das schöne Leben im Konzentrationslager drehen möchte. Ob er für einige Wochen, vielleicht Monate unabkömmlich sein dürfte, jetzt, im Sommer 1944, wo sich das Blatt zu wenden beginnt. Ob er – vielleicht – überleben möchte. Es fährt immer ein nächster Zug nach Auschwitz.

Kurt Gerron wurde 1897 als Sohn einer großbürgerlichen Familie in Berlin geboren. Mit 17 Jahren absolvierte er das Notabitur und wurde trotz schwerer Verwundung mehrfach an die Front des Ersten Weltkrieges geschickt. Ein begonnenes Medizinstudium beendete er nach dem Krieg nicht und wandte er sich der Schauspielerei zu. Durch die Mitwirkung in der Dreigroschenoper, in der er den Mackie-Messer-Song vortrug, und Der Blaue Engel erlangte er zu Beginn der 30er Jahre große Popularität. 1933 floh Gerron nach Paris und Amsterdam, wo er uns seine Familie 1943 in das Lager Westerbork und 1944 nach Theresienstadt deportiert wurde.

Gerrons Gewissenskonflikt und die Dreharbeiten an dem Film geben die Rahmenhandlung für diesen biografischen Roman. In Rückblicken wird das Leben Gerrons erzählt, von den Kindheitswegen im Berliner Tiergarten, über seine Filmarbeit in den frühen 30er Jahren bis hin zum Leben als A-Prominenter im Theresienstädter Ghetto.
Der Leser taucht ein in das pulsierende Berlin der 20er Jahre und kann den rasanten Aufstieg des Tonfilms miterleben. Lewinsky erzählt aber auch von den Illusionen, die sich, so wie Gerron, viele Juden von der nationalsozialistischen Gefahr machten und von den tiefen Verstrickungen von Filmgrößen wie Rühmann und Albers in das Regime.

Gerron ist ein großartiger Roman über Berlin, über die Geschichte der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, nicht zuletzt aber auch eine großartige Liebesgeschichte.

Charles Lewinsky: Gerron. Roman. Nagel & Kimche 2011  24.90 Euro ansehen / reservieren

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Beate ist am liebsten vorn im Laden und verkauft Bücher. Aber als Chefin gibt’s auch noch 100 andere Dinge, die getan werden müssen – meistens leider im Büro. Was bei Beate gleich nach dem Verkaufen von Büchern kommt, ist die Dekoration der Schaufenster.