Buchtipp! Birgit Vanderbeke: Das lässt sich ändern

Das lässt sich ändern erzählt von Adam und der Erzählerin. Irgendwann einmal lernten sie und Adam sich kennen. Adam Czupek war einer von draußen. Nicht nur, dass der Dreck unter seinen Fingernägeln nicht mehr abging, er stammte auch aus einer Familie, die einfach zu viele Kinder hatte und wo die Mutter schon mal im Nachthemd auf die Straße ging. Irgendwann ist die Erzählerin mit ihrem Logopädie-Studium fertig und beobachtet, wie sich die Leute um sie herum langsam verändern, alle, die an der Uni mal „irgendwie links“ waren. Und das ist ja auch klar, denn die Uni ist schließlich was anderes als das Leben.

Ihr Adam arbeitet halb schwarz, darf überall die Dielen abschleifen und Küchen einbauen. Als ihnen die Wohnung in Frankfurt gekündigt wird, trifft die Erzählerin in einer glücklichen Fügung ihre alte Freundin Fritzi, die auf dem Land ein marodes Haus geerbt hat. Die drei ziehen in das Haus, Fritzi, Psychologin, beginnt  eine Praxis aufzubauen, die Erzählerin findet erste Klienten, während Adam mit den goldenen Händen das Haus saniert, den benachbarten Bauernhof reaktiviert und und und …

Birgit Vanderbekes Buch ist eine Art Aussteigerroman – zunächst irritierend, sind denn Selbstversorgung, Barfußlaufen, Schenken, Tauschen noch aktuell? Andererseits gibt es auch den deutlichen Bezug auf den Wandel der letzten Jahrzehnte, auf das, was auch als „Turbokapitalismus“ bezeichnet wird. Das lässt sich ändern ist ein typischer Adam-Spruch, den er immer sagt, wenn niemand mehr an eine Lösung glaubt. Von draußen redet dagegen die Erzählerin. Adam war schon immer draußen und in einer ganz heißen Sommernacht sagt er zu den Kindern Eigentlich solltet ihr doch Draußen-Kinder sein.

Dieser Roman ist eigentlich eine Erzählung, denn die Erzählerin erzählt – im typisch vanderbekeschen Erzählstil, wiederholt sich, kommt auf etwas zurück – und hört schließlich einfach auf. Birgit Vanderbeke schlägt eine weiten Bogen zurück zu Das Muschelessen, nicht nur sprachlich, „sie zieht den Stöpsel“, wie es damals hieß. Auch hier liegen nicht wirklich Muscheln auf dem Tisch, es sind Auseinandersetzungen mit den Eltern, mit Lebensentwürfen, Idealen, es geht um Aufbegehren. Ein Ruf aus Südfrankreich, nicht Empört Euch!, aber Das lässt sich ändern.

Copyright: Birgit Vanderbeke

Die Autorin: Birgit Vanderbeke wurde 1956 in der DDR geboren, ihre Eltern übersiedelten mit ihr nach Westdeutschland, wo sie 1963 bis 1992 in Frankfurt / Main lebte. 1990 erhielt sie für Das Muschelessen den Ingeborg-Bachmann-Preis, 1992 zog sie nach Berlin und 1993 nach Südfrankreich. Neben ihrer literarischen Tätigkeit ist sie als Literaturkritikerin und Jurorin tätig.
mehr

Kurzvideos vom Bayerischen Rundfunk (Download und Abspielen mit Realplayer)

Birgit Vanderbeke liest aus ihrer Erzählung „Ich sehe was, was du nicht siehst.“ (ca. 1,3 MB)
Das „ethnologische Prinzip“: „Dem Leben auf die Finger schauen“. (ca. 500 KB)
Der kühle Blick: Vanderbekes „visuelles Verhältnis zur Welt“. (ca. 500 KB)
„Ich bin ganz sicher Minimalistin“ – Birgit Vanderbekes literarisches Selbstverständnis. (ca. 500 KB)

mehr Videos

.

Birgit Vanderbeke
Das lässt sich ändern. Roman

Piper 16.95 Euro

abholen / reservieren

Birgit Vanderbeke
Das Muschelessen. Erzählung

Fischer Taschenbuch 7.95 Euro

abholen / reservieren